Liebe Leser(innen), OMs und (X)YLs!
Ich habe am 09.12.1983 bei der OPD in Köln eine Amateurfunk-Lizenzprüfung abgelegt.
Ich hatte mit Ausnahme der Telegraphie-Prüfung alle Prüfungsteile für die Klasse B bestanden.
Im Jahr 1983 gab es in DL, manch Leser erinnert sich, drei Lizenz - Klassen. C war die Einsteiger
- Klasse, bei der man mit nur 50 von 100 erreichbaren Prozent im Bereich technische Kenntnisse erfolgreich war,
und mit Bestehen der anderen Prüfungsteile am Amateurfunk in den UKW Bändern mit z.B. 75 W Sendeleistung
bei 144 MHz teilnehmen durfte. Dann gab es die Klasse A - mit ein paar Punkten mehr in der Technik (waren es 65
Prozent?) und Telegraphe in Tempo 30 - eine Einsteiger - Lizenz für die Kurzwelle. Mit satten 150 W Sendeleistung
z.B. auf 10m und einer Auswahl an Kurzwellenbändern eine gute Sache. Die "große" Lizenz, die
Klasse B gab es bei mindestens 75 Prozent in der Technik und Tempo 60 waren dann 750 W PEP Out auf den meisten
Bändern und alle Bereiche zugänglich. Eigentlich doch ein vernünftiges System, das sowohl an gestufte
theoretische Leistungen, wie auch an gestufte praktische Leistungen geknüpft, oder?
Doch dann einigte man sich in der CEPT auf Tempo 25 BPM für die Telegraphieprüfung. Schnell wischte
man die Unterschiede in der Bewertung für den Prüfungsteil "technische Kenntnisse" an Seite
löste die KW-Novizenklasse auf und integrierte die Klasse A und B in die neue "nationale Klasse 1".
Bei der Gelegenheit hob man das allgemeine Prüfung - Niveau auf 75% in der Technik für alle Lizenzklassen
an und erlaube im gleichen Atemzug für alle Funkamateure die selben Leistungswerte (bis zu 750 W PEP Out auf
144 MHz zum Beispiel) und nannte noch schnell die Einsteiger-UKW-Lizenz in Klasse 2 um. Ein solches Geschenk (ein
Prüfling, der die Telegrafir-Prüfung mit Tempo 60 bestanden hatte, aber nur z.B. 70% in der Technik hatte,
wurde nun die Qualifikation (die fehlenden 5 %) - per Erlass geschenkt.
Doch dann viel auf: das war für Einsteiger dann doch zu schwer! Eine Einsteigerklasse wird
weiterhin benötigt! Also wurde national die Klasse 3 eingeführt, eine Klasse, die, mit einem erheblich
niederigerem Prüfungsniveaou einen Einblick in das Amateurfunk - Geschehen geben sollte, mit Leistungsbeschränkung
- wie vorher die Klasse C - jedoch diesmal nur 10W EIRP...
Insofern schade, als das auf diesen Umstand von einigen Funamateuren bereits im Vorfeld hingewiesen
worden war.
Durch Beschluss der internationalen Gemeinschaft wurde im Jahr 2003 die Telegraphie-Prüfung
als Voraussetzung zum Zugang zur Kurzwelle abgeschafft, da im laufe der technischen Innovation der Telegrafie-Tastfunk
in allen Funkdiensten immer mehr an Bedeutung verloren hatte. Insofern ist dies im Rahmen der Anpassung der Vorschriften
an die allgemeinen Regeln der Technik zu begrüßen.
Jedoch bleibt zu erinnern, das der DARC im Vorfeld zur Abschaffung der Telegraphieprüfung, verkündete,
man werde die deutschen Funkamateure in der Welt amtlich vertreten (die in einer Mitgliederbefragung für den
Erhalt dieser Prüfung als Zugangsvoraussetzung für Kurzwelle votiert hatten). Der Ergänzung zur DARC Vorstandsinfo 84 ist jedoch
zu entnehmen: Der Abschlussbericht des AK 2 zur nationalen Gruppe enthält den im
Folgenden zitierten Passus: "Bezüglich des Wegfalls des Morsekenntnisnachweises ist anzumerken, dass
der DARC aufgrund seiner Mitgliederbefragung, die mehrheitlich für die Beibehaltung votierte, seine Zustimmung
nicht gab. Außerdem legt der DARC Wert auf die Einbeziehung der Empfehlung ITU-R M. 1544 in die Bestimmung
25.6. Im Sinne einer europäischen bzw. weltweiten Lösung wird der DARC
den ECP aber nicht blockieren. Der AK 2 empfiehlt D den ECP zu den Punkten 1.7.1,
1.7.2 und 1.7.3 mitzuzeichnen". Mit anderen Worten, das Abstimmungsergebnis der
DARC Mitglieder wurde bei dieser Empfehlung der Entscheidung CW fallen zu lassen nicht berücksichtigt. Übrigens hatte Russland für den Erhalt der Telegraphieprüfung votiert.
Nach Wegfall der Telegraphieprüfung (die man nach wie vo freiwillig ablegen kann, um in
anderen Staaten, die nach wie vor CW fordern auf KW arbeiten zu können) wurden jedoch die Klassen einfach
in die neue Lizensklasse A integriert. In Konsequenz bedeutet dies nun aber, das ein Prüfungteilnehmer aus
den 80er Jahren, der mit 51% in der Technik grade so die C-Prüfung bestanden hatte, nun berechtigt wurde mit
weit gefährlicheren Strömen und Spannungen und größeren Antennenanlagen zu experimentieren.
Sachlich betrachtet ist dies insofern grenzwertig, als das die - auch im Jahre 2007 geltenden - 75% im technischen
Prüfungsfach am Prüfungstage möglicher Weise nicht erfüllt worden waren. Hier hätte IMHO
(wie bereits bei der im Vorfeld geschehenen Integration der Klassen A und B) bei einem Prüfungsergebnis von
< 75% in der Technik eine Zusatzprüfung zur Zulassung von Sendeleistungen > 75 W PEP bzw 150 W PEP (alte
Klasse A) erfolgen müssen. Ansonsten bleibt anzuregen eine Zulassung zum Führen von LKW für Führerscheininhaber
der Klasse 3 aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes (GG!) zu beantragen :-)
In Konsequenz zum Wegfall der Telegrafie Prüfung wurde im Jahr 2005 der neuen Einsteigerklasse E der Zugang
zur Kurzwelle eingeräumt, und die maximal zulässige Sendeleistung auf sinvolle 75W PEP angehoben. Ein
neues Prüfungsprozedere wurde eingeführt und 2007 in Kraft gesetzt. Die Prüfung ist nun in Gesetzteskunde
und Betriebstechnik identisch mit der Klasse E. Im Bereich Technik wurde der für die Klasse A geltende Prüfungskatalog
gekürzt und ebenfalls der Klasse E zugrunde gelegt. Also Verältnisse, die eine starke Analogie zur alten
Klasse C aufweisen. Jedoch wurde auch hier wieder integriert. Funkamateure der ehemaligen Klasse 3 sind nun Funkamateure
der Klasse E. Dies ist noch grenzwertiger als alle bisherigen Intergationen, als das der der Klasse 3 zu Grunde
liegende Fragenkatalog nur die absoluten Grundzüge der für den Betrieb einer Amateurfunkstelle erforderlichen
Qualifikation darstellt. Inhalte, die sich mit Technik oder Phänomenen der Kurzwelle beschäftigen sucht
man in diesem Katalog vergebens. Die bei einer Sendeleistung von 75 W PEP entstehenden Spannungen und Ströme
sowie das verlegen der dafür erforderlichen elektrischen Zuleitungen erfordert IMHO eine nachgewiesene Qualifizierung
(mindestens eintsprechend einer Elekrtofachkraft für festgelegte Tätigkeiten), die jedoch im Katalog
der alten Klasse 3 nicht ausreichend abgedeckt sind. Zu bedenken ist hier nicht nur das Verletzungsrisiko für
den Funkamateur, sondern auch die Störfallsituation (der Funkamateur kann jier sowohl die Quelle, wie auch
die Senke sein) und der fachkundliche Nachweis, das die Ursache nicht beim Funkamateur liegen kann (Ausnahmen bestätigen
selbstverständlich die Regel).
Amateurfunk, so heiß es, ist Bastel- und Experimentierfunk. Wenn ich bereizts in der CQDL, Ausgabe März 2003, lese, welche Prüfkennzeichen
ein Funkgerät zu haben hat, das ich in mein Auto einbauen möchte, dann frage ich mich, was wohl Axel
Ollenschläger, DL4KAI, auf dem Lizenzlehrgang 1983 in Bonn gemeint hatte, als er sagte "Ein Amateurfunkgerät
hat keine Prüfzeichen, ja, es kann gar keine haben, denn
wir können unsere Geräte beliebig selbst bauen und haben durch Ablegen der Amateurfunk-Lizenzprüfung
nachgewiesen, das wir dazu eigenverantwortlich in der Lage sind". In der Zeitung "Deutsche Polizei"
erschien in der Ausgabe 5/1985 auf Seite 31 ein Artikel "Amateurfunk-Überprüfung", indem der damalige DARC-Distriktsvorsitzende
des Dirstrikts Nordrhein, Eberhard Warnecke, darauf hinwies, das Amateurfunkgeräte keine FTZ-Nummern haben,
von lizensierten Funkamateuren selbstgebaut sein können, oder es sich um umgebaute Industrie-Geräte handeln
kann. Weiter hieß es "Wenn der Funkamateur seine Lizenz-Urkunde vorzeigen kann, ist eine Überprüfung
des Funkgerätes im Kraftfahrzeug durch einen Polizeibeamten nicht mehr notwendig. Der lizenzierte Funkamateur
kann gesetzlich genehmigt jedes und sogar mehrere Funkgeräte ohne FTZ-Nummer in seinem Fahrzeug betreigen.".
Im Jahr 2003 gab es jedoch bereits unzählige Prüfnummern, die laut den geltenden Gesetzen ein Gerät
zu tragen hat, wenn es in ein Fahrzeug ab gewissen Herstellungsjahren eingebaut werden soll. Und da soll ein Funkamateur
oder Polizeibeamter durchblicken?
Wenn durch Verhackstückelung von Lizenzklassen und dem Herabsetzen der technischen Qualifikation
ein Nachweis über die Fähigkeit des eigenverantwortlichen Handelns durch Ablegen einer Amateurfunk-Lizenzprüfung
nicht mehr gewährleistet ist, dann erst kann in meinen Augen ein Prüfzeichen auf einem Amateurfunkgerät
Wirklichkeit werden. Ist es wirklich schon so weit?
Inzwischen werden keine Lizenzen mehr vergeben, obwohl es so im CEPT Text steht. Deutschland vergibt statt dessen "Zulassungen zum Amateurfunkdienst"... Ist das die Vorstufe
zum "CB-Funk MKII"? Die Eigenverantwortlichkeit wird ins Besondere eingeschränkt durch die Verordnung
zum Gesetz über den Amateurfunk (AFuV) in §18 in Zusammenhang mit dem EMVG und BEMFV. Es ist schon jetzt nicht mehr möglich beliebig eigenverantwortlich zu Experimentieren,
da laut BNetzA der Betreiber einer ortsfesten Amateurfunkanlage mit einer äquivalenten isotropen Strahlungsleistung
(EIRP) von 10 Watt und mehr diese vor der Inbetriebnahme
der Bundesnetzagentur anzuzeigen hat. Hierbei ist die "Anleitung zur Durchführung der Anzeige ortsfester
Amateurfunkanlagen nach § 9 der Verordnung über das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer
Felder (BEMFV)" zu verwenden (Mitteilung Nr. 564/2002 im Amtsblatt der Reg TP Nr. 24 vom 18.12.2002)".
Ich meine, wenn es den Automobilherstellern genehmigt wird teuren Schrott zu produzieren, der
bei lächerlichen Sendeleistungen von 25 W zu "spinnen" beginnt, dann ist das sicherlich wesentlich
gefährlicher, als die Auswirkung eben dieser Sendeleistung auf den menschlichen Körper. Sonst gäb
es heute keine älteren Funkamateure mit KW-Lizenz ;-)
Bis zum heutigen Tage ist es umstritten, ob es diesen "Elektrosmog" überhaupt
gibt, und wenn ja, warum z.B. Peter, DL9SJ (hervorragender Kurzwellenamateur höheren Alters) überhaupt
noch leben kann - müßte doch längst verstrahlt sein.
An dieser Stelle sei angemerkt, daß es für den Zweck, der zur Begründung angeführt
wird - aktive Lebenshilfen, Herzschrittmacher, längst gesetzliche Regelungen gibt: Die
Grundlage für die Beurteilung der Störfestigkeit von Medizingeräten ist die generische Norm IEC
601-1-2 der International Electronical
Comission. In Europa sind diese Anforderungen in die Norm EN 60601-1-2 übernommen
worden. In Deutschland ist sie nationales Recht - DIN EN 60601-1-2
(Übersicht: Normen). Weitere Gesetestexte zur gemütlichen Abendlektüre: das Medizin-Produktegesetz
(MPG), die Medizingeräte-Verordnung (MedGV) und natürlich nicht zuletzt das Elektrosmog-Gesetz (Gesetz
über die elektromagnetische Verträglichkeit von Geräten - EMVG) und in diesem Zusammenhang natürlich
und ins Besondere nicht zu vergessen die Verordnung zum Gesetz über den Amateurfunk (AFuV).
Ich persönlich vertrete den Standpunkt, daß es eigentlich für den Gesetzgeber
keinen Handlungsbedarf gab und gibt irgendetwas von lizenzierten Funkamateuren Nachzuweisen oder hinterlegen zu
lassen, warum wurde denn gerade erst das Logbuch abgeschafft? Maßnahmen wie Selbsterklärung oder Standortbescheinigung
halte ich mit Bezug auf den Amateurfunk für völlig überflüssig, denn gemäß §15
der AFuV ist die Amateurfunkstelle nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik einzurichten und zu unterhalten.
Dies bedeutet, daß der lizenzierte Funkamateur auch zum Beispiel die DIN EN 60601-1-2 auf seine Amateurfunkstation
anzuwenden hat. Mal ganz abgesehen davon, daß ein Experiment die Änderung der bestehenden Amateurfunkanlage
bedeutet und - bei einem Bastel- und Experimentalfunkdienst an der Tagesordnung liegt. Um nun aber Experimentieren
zu können ist es nicht nur nicht sinnvoll, sondern völlig unmöglich, vor der Inbetriebnahme einer
Anlage deren Felder zu messen (wie von der BNetzA gefordert), denn um selbige zu messen, muß man sie
in Betrieb nehmen. Oder habe ich da was falsch verstanden? Naja, zum Glück kann man ja vorher rechnen (WATT32)
und schonmal voranmelden...
Ich hoffe, niemand fühlt sich "auf den Schlips getreten", ich hoffe aber zur Diskussion,
zum Nachdenken und Handeln angeregt zu haben.
Chris Cramer, DF5KX
Dipl. AudioEng. (SAE), Gepr. Meister für Veranstaltungstechnik (Bühne / Studio),
Gepr. Meister für Veranstaltungstechnik (Beleuchtung), Elekrfachkraft für Veranstaltungstechnik.
(Weitere Quellen: "Funk-Telegramm" Ausgabe 3/2003, Seite 6, diverse Artikel; http://www.ingverbund.de/artikel/umsetzungdereg-richtlinienindeutschesrec.htm).
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